Friday, March 29, 2024
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UN macht den Irak für das Schicksal von Vermissten verantwortlich

Experten der Vereinten Nationen drängen den Irak, den Aufenthaltsort der sieben vermissten Bewohner von Camp Ashraf bekanntzugeben                     (Quelle: Büro der Vereinten Nationen in Genf )

 

Genf, d. 9. Dezember 2013. – Eine Gruppe von unabhängigen Experten der Vereinten Nationen hat heute die Regierung des Irak aufgefordert, über das Ergehen und den Aufenthaltsort der sieben Bewohner von Ashraf, die im September entführt worden sein sollen, verbindliche Auskunft zu geben. Die Entführung erfolgte im Zuge eines Angriffs, bei dem 52 Personen getötet wurden. Über 3000 iranische Exilanten hatten seit den achtziger Jahren im Flüchtlingslager Ashraf bei Bagdad gelebt. 

Die Menschenrechtsexperten sprachen ihre ernste Sorge darüber aus, dass die irakischen Behörden über die laufende Untersuchung des Angriffs keine Auskunft geben. 

„Wir fordern die Regierung des Irak auf, die Untersuchungen zu beschleunigen, um bekannt zu machen, wie es den Entführten geht und wo sie sich befinden“, sagte die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen über erzwungenes oder unfreiwilliges Verschwinden. Sie erinnerte zugleich daran, dass irakische Kräfte bereits zugegeben haben sollen, diese Personen in ihrem Gewahrsam zu halten. 

Noch drei Monate nach den Gewalthandlungen sind die Tatsachen nicht ganz geklärt. Es besteht aber der Vorwurf, dass der Angriff und die Entführung der sechs Bewohnerinnen und des einen Bewohners von Ashraf von irakischem Militär verübt wurden. Es ist auch darauf hingewiesen worden, dass niemand Ashraf betreten kann, ohne dass irakische Streitkräfte dazu Beihilfe leisteten. 

Wie berichtet wird, starben alle Getöteten an Schusswunden, vor allem in Kopf oder Nacken. Etliche der Getöteten wurden mit gefesselten Händen aufgefunden; sie waren offenbar vor ihrem Tod gefesselt worden. Einige der Opfer sollen bereits verwundet gewesen und dann erschossen worden sein, als sie versuchten zu entkommen oder ärztliche Hilfe suchten. 

„Das Völkerrecht verlangt eindeutig von den Regierungen, sicherzustellen, dass alle Tötungsvorwürfe zügig, wirksam und unparteiisch untersucht werden, gleichviel, wer die Tat begangen hat“, sagte Christof Heyns, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über außergerichtliche oder willkürliche Hinrichtungen von Einzelnen oder Gruppen. „Hier untätig zu bleiben, ist eine Verletzung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte.“ 

Die Expertengruppe betonte: „Die Straflosigkeit, mit der diese Verbrechen begangen wurden, ist besonders schwerwiegend, da es sich um schwere Verbrechen handelt und da mutmaßlich irakisches Militär an diesen Verbrechen beteiligt war.“ Nach Auffassung der Expertengruppe „ist der Staat verpflichtet, alle Gewalttaten mit gebührender Sorgfalt zu verhüten, zu untersuchen und zu bestrafen, selbstverständlich auch wenn die Taten an Frauen verübt wurden, und sicherzustellen, dass ihre Rechte gewahrt bleiben.“ 

„Die UN-Arbeitsgruppe über willkürliche Haft ist immer der Auffassung gewesen, dass die Inhaftierung in Camp Ashraf willkürlich war“, sagte Mads Andenas, zurzeit Leiter der Expertengruppe. „Die irakische Regierung trägt eine besondere Verantwortung dafür, die Inhaftierten vor Menschenrechtsverletzungen wie Tötung und Entführung zu schützen und muss jetzt eine unabhängige Untersuchung einleiten, die Haft beenden und für die Zwischenzeit denen, die noch in Haft gehalten werden, wirksamen Schutz geben.“ 

Juan E. Méndez, Sonderberichterstatter bei den Vereinten Nationen für Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Behandlung oder Bestrafung, unterstützte den dringenden Aufruf, das Ergehen und den Aufenthalt der sieben iranischen Exilanten klarzustellen. „Inhaftierung an geheimen Orten kann Folter und andere Misshandlungen begünstigen und selbst eine Art Misshandlung sein“, sagte er warnend. 

Es ist mit Sorge ausgesprochen worden, dass die sieben Vermissten von Camp Ashraf unter Zwang in die Islamische Republik Iran verbracht werden könnten, wo sie in Gefahr wären, verfolgt, gefoltert oder anders misshandelt zu werden. Nach Auskunft der UN-Flüchtlingsbehörde (UNHCR) sind die sieben vermissten Bewohner Asylsuchende und genießen den Status von geschützten Personen. 

Méndez hob hervor: „Die Pflichten des Irak nach dem Völkerrecht sind klar: Die Regierung darf niemanden vertreiben, an das Land, aus dem er geflohen ist, zurückgeben oder ausliefern oder auf andere Weise in ein Land bringen, wo er Gefahr liefe, verfolgt, gefoltert oder anderswie misshandelt zu werden.“ 

Alfred de Zayas, Unabhängiger Sachverständiger der Vereinten Nationen für die Förderung einer demokratischen und egalitären internationalen Ordnung, bemerkte, dass die Bewohner von Camp Ashraf nun zum dritten Mal mit Gewalt angegriffen worden sind. „Ich verurteile es, dass die Massaker nicht nach Gebühr untersucht worden sind und dass die dafür Verantwortlichen straflos blieben“, sagte er. 

Wie de Zayas ausführte, „sind schwere Verbrechen dieser Art und die Straflosigkeit derer, die sie begangen haben, Verletzungen vieler internationaler Verträge und ein Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit, ein Affront gegen die internationale Gemeinschaft, eine Bedrohung der internationalen Ordnung.“ 

Er stellte fest: „Die Familien der Getöteten und Vermissten haben das Recht, zu erfahren, was ihren Angehörigen geschehen ist. Sie müssen für die erduldeten Leiden entschädigt werden.“ 

Die Expertengruppe forderte die irakischen Behörden dringend auf, „alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, den Aufenthalt der vermissten Personen festzustellen, ihre Sicherheit und die Wahrung ihrer Rechte zu garantieren und ihre Auslieferung an den Iran zu verhindern.“