Thursday, March 28, 2024
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Der Aufstand im Iran geht weiter – Eine Analyse

Aufgrund der drastischen Erhöhung der Benzinpreise begannen am 15. November im Iran landesweite Proteste. Dies hat sich zu einem Aufstand gegen das Regime entwickelt.

Von Martin Patzelt (Quelle: freitag.de)

Die bisherige Bilanz des Aufstandes im Iran ist erschütternd. Da das Mullah-Regime über das Land eine Internetblockade verhängt hat, ist zurzeit das Informationsnetzwerk der Volksmojahedin Iran (PMOI/MEK) die zuverlässigste Quelle zu den Ereignissen.

Die Daten resultieren aus Mitteilungen iranischer Medien, dem Netzwerk der MEK vor Ort, zahlreichen glaubwürdigen Zeugenaussagen sowie Bild-, Ton- und Videomaterial aus dem Iran, das auf verschiedenen Wegen aus dem Land gelangte.

Die MEK fasst die bisherigen Erkenntnisse wie folgt zusammen:

  • 300 Demonstranten wurden ermordet. Diese Zahl ist bestätigt. Die Namen von 99 Toten liegen dem iranischen Widerstand vor. Die aktuelle Zahl dürfte weit höher liegen.
  • Die Proteste fanden in mindestens 170 Städten und Dörfern im gesamten Iran statt.
  • Mindestens 4.000 Menschen wurden verletzt.
  • Mindestens 10.000 Menschen wurden verhaftet.

Zudem bestätigten Regimequellen wie die Zeitung Keyhan oder die Nachrichtenagentur Fars:

  • 300 Banken wurden in Brand gesetzt, darunter alleine 63 Banken in Isfahan.
  • 180 Tankstellen wurden zerstört.
  • 80 Geschäfte von Lieferanten der IRGC (Islamische Revolutionsgarden) wurden zerstört.

Vertreter des Regimes und die Islamischen Revolutionsgarden haben den Aufstand nun für beendet erklärt. Doch das ist falsch! Diese Erklärung ist ebenso frei erfunden, wie die angeblich geringen Opferzahlen und andere Märchen, die das klerikale Regime über den Aufstand verbreitet. Gegen die Behauptungen des Regimes sprechen unter anderem:

  • Berichte von weiteren Zusammenstößen, zum Beispiel bei Beerdigungen von Opfern in Islamshahr und Malard
  • die weiterhin geltende totale Internetblockade
  • ein Generalstreik in Marivan (iranisches Kurdistan)

Das iranische Regime versucht, den Aufstand tot zu schweigen, weil es eine intensive Reaktion der internationalen Gemeinschaft befürchtet. Es vertuscht das wahre Ausmaß der Brutalität und die Tatsache, dass die Lage nicht unter Kontrolle ist. Ansonsten wäre die Internetblockade längst gelockert worden.

Die internationale Gemeinschaft hat bisher aufgrund der dünnen offiziellen Faktenlage kaum reagiert. Doch das Netzwerk der MEK hat anhand von zahlreichen Bildern, Videos und Tonaufnahmen belegt, mit welcher Brutalität gegen die Demonstranten vorgegangen wurde. Die Stellungnahme des Auswärtigen Amtes, das brutale Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte zu verurteilen, ist zu begrüßen. Es gibt zudem mehrere glaubhafte Augenzeugenberichte über Verhaftungen verwunderter Demonstranten direkt aus den Krankenhäusern heraus, von Razzien und vieles mehr. Die internationale Gemeinschaft muss handeln. Sie muss das Regime zu einer Freischaltung des Internets zwingen, damit das wahre Ausmaß der Aufstände für jeden ersichtlich ist.

Das iranische Volk hat für seinen erneuten Aufstand gegen das Regime schon bis heute einen hohen Blutpreis gezahlt. Und das Morden, die Verhaftungen und die Folter gehen weiter. Die Mullahs können sich nicht durch eine Informationsblockade dieser Tatsache entziehen. Wenn die Proteste angeblich beendet sein sollten, dann soll Teheran internationalen Beobachtern und Journalisten den Zugang zum Iran gewähren. Diese können sich dann ein eigenes Bild machen. Die Vereinten Nationen sowie die EU und die USA müssen auf den Zugang internationaler Beobachter in den Iran drängen. Nur so kann die Welt die Wahrheit über den Iran mit eigenen Augen sehen.

 

Martin Patzelt

Martin Patzelt ist CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorstandsmitglied im Deutschen Solidaritätskomitee für einen freien Iran (DSFI).