Friday, March 29, 2024
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Deutsche Parlamentarier schließen sich dem Aufruf zum Handeln in der Frage der Menschenrechte im Iran an

Christoph De Vries spricht auf der Veranstaltung

Am vergangenen Donnerstag hielt das Vertretungsbüro des Nationalen Widerstandsrates Iran in Deutschland eine Veranstaltung ab, auf der es die schlimmer werdenden Menschenrechtsvertretungen im Iran beleuchtete. Demonstranten versammelten sich zusammen mit mehreren deutschen Parlamentariern vor dem Deutschen Bundestag, andere nahmen aus der Ferne über Video an der Veranstaltung teil. Viele der gehaltenen Reden verurteilten den fortwährend vom iranischen Regime praktizierten Missbrauch der Todesstrafe. Dazu war die Veranstaltung bewusst auf den vorletzten Tag vor dem Welttag gegen die Tidesstrafe gelegt worden.

Das Regime des Iran ist seit langem bekannt als das Regime, das von allen die höchste Zahl an Todesstrafen in der Welt zu verzeichnen hat. Und obwohl die bloße Anzahl der Hinrichtungen nach erschreckenden Rechtsreformen zurückgegangen ist, ist diese Position nie in Frage gestellt gewesen. Außerdem scheint die Zahl der Exekutionen durch Erhängen wieder zu steigen, während Teheran sich alle Mühe gibt, mit der im ganzen Land herrschenden Unruhe fertig zu werden, die durch die sich verschlechternde Wirtschaftslage bedingt ist und dadurch, dass das Regime seine destruktiven und den Tatsachen nicht entsprechenden Prioritäten immer wieder bekräftigt.

Der Umgang des Regimes mit der Todesstrafe zog im September eine noch größere internationale Aufmerksamkeit auf sich als sonst, als Menschenrechtsgruppen und Regierungsbeamte aus aller Welt ohne Erfolg versuchten, die Hinrichtung eines weitbekannten politischen Gefangenen namens Navid Afkari zu verhindern. Der beliebte 27 Jahre alte Ringmeister war festgenommen worden, nachdem er – im August 2018 – an Protesten gegen die Regierung teilgenommen hatte. Dann wurde ihm fälschlich Mord zur Last gelegt und er wurde zur Erzwingung eines falschen Geständnisses gefoltert.

Afkari wurde als Sündenbock missbraucht, zur Warnung an die Zivilbürger des Iran davor, sich wieder an Protesten zu beteiligen. Die internationale Gemeinschaft verlangte dringend von der iranischen Justiz, das Todesurteil aufzuheben und Afkari ein neues Verfahren zu gewähren. Aber wie mehrere Teilnehmer an der Veranstaltung vom Donnerstag argumentierten, wurde diese Kritik an der iranischen Justiz nicht von konkreten Aktionen begleitet und die Führung des Regimes konnte dadurch den Eindruck gewinnen, sie würde nach einer Hinrichtung Afkaris in Ruhe gelassen werden. Folglich wies die Justiz die internationalen Appelle zurück und vollstreckte das Todesurteil gegen Afkari einige Wochen, nachdem es vom Obersten Gerichtshof bestätigt worden war.

Dies war ungewöhnlich, da das System häufig Gefangene jahrelang auf ihre Hinrichtung warten lässt, ohne ihnen klaren Bescheid zu geben, wann diese vollstreckt werden wird. Es ist bekannt, dass in iranischen Gefängnissen die Häftlinge während ihrer Gefangenschaft in Einzelhaft gehalten und dann wieder in normale Haftbedingungen zurückgebracht werden. Jedesmal wenn sie wieder in Einzelhaft gesteckt werden, müssen sie annehmen, dass sie diesmal auf das Erhängen vorbereitet werden sollen.

Die rasche Vollstreckung des Todesurteils gegen Afkari ist, wie man begründet vertreten kann, ein Anzeichen dafür, dass das Regime zurzeit das argwöhnische Interesse aus dem Ausland fürchtet, aber sein Heil darin sieht, die Gegenstände dieses Interesses aus der Welt zu schaffen, in der Hoffnung, die ausländischen Mächte würden die Angelegenheit nicht weiter verfolgen, sobald ein zum Tode Verurteilter nicht mehr am Leben ist. Und in den Augen von Kritikern der westlichen Iranpolitik hat das Verhalten der Europäischen Union nach der Hinrichtung Afkaris bisher diese Annahme Teherans bestätigt.


Einen Tag vor der Kundgebung am Reichstag (Sitz des Deutschen Bundestages) wurde diese Ansicht von etlichen Mitgliedern des Europäischen Parlaments in einer virtuellen Konferenz über die Iranpolitik ausgesprochen. Einer ihrer Teilnehmer, der frühere Vizepräsident des EU-Parlaments Alejo Vidal-Quadras, beschrieb das anstoßerregende Verhalten der EU wie folgt: „Die EU hat nichts getan. Sie hat gewartet, bis Afkari [und sein Mitgefangener Mostafa Salehi] hingerichtet wurden und hat dann ihre Verurteilung der Tat auf Twitter bekundet. Navid und Mostafa könnten noch leben, wenn die EU und ihre Mitgliedstaaten gehandelt hätten, um diese Morde zu verhindern.“

Hermann-Josef Scharf, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im saarländischen Landtag, war einer der deutschen Parlamentarier, die diese Ansicht auf der Veranstaltung am Donnerstag bekräftigten. „Das Mullahregime ist böse und unmenschlich“, sagte er. „Aber Worte werden nicht genügen. Die EU und die UN haben das Mittel, gegen Menschenrechtsverletzungen Sanktionen zu verhängen. All diese Mechanismen müssen genutzt werden. Das Regime mordet, weil es schwach ist, und wir müssen den ganzen Druck, über den wir verfügen, auf dieses Regime ausüben.“

Dieser Hinweis auf die wahrgenommene Schwäche des Regimes kehrte in dem, was die Teilnehmer den Reportern des NWRI sagten, immer wieder. Viele Redner sahen offenbar die Hinrichtung Afkaris als Hinweis darauf, dass Teheran sich in Sicherheit wog, und zugleich auf seine Verzweiflung. Zwar hat das Regime auf internationaler Ebene keine Konsequenzen seiner Tat auszustehen gehabt, aber es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass die Hinrichtung ihre beabsichtigte Wirkung getan hätte, nämlich die, die Unruhe im Inneren des Landes nach den vielen Aufständen im ganzen Land zu ersticken.

Anfang 2018 beteiligten sich Bürger von etwa 150 größeren und kleineren Städten an einer solchen Erhebung. Daraufhin gaben Behörden des Regime wie sonst selten zu, dass die Hauptgruppe des NWRI, die Organisation der Volksmojahedin Iran (PMOI/MEK), die Forderung des Volkes nach einem Regimewechsel anführte. Und nachdem es sich gezeigt hatte, dass Afkaris Protest nur einer von vielen war, die ein ganzes „Jahr der Erhebungen bildeten“, war alles vorbereitet für eine noch größere Erhebung, die im November 2019 stattfand und an der über 200 Orte teilnahmen.

Diesmal reagierten die Behörden des Regimes noch hysterischer und schossen auf öffentliche Versammlungen. Dabei wurden ca. 1500 Protestierende getötet. Auf diese Tatsache wiesen die Redner am Donnerstag hin, sie stellten diese Verbrechen neben die Hinrichtung Askaris und andere Fälle von gezielten Todesschüssen. Und wie es nicht anders sein konnte, wurde die erschreckende Zahl der Tötungen als Motiv dafür angeführt, dass westliche Politiker ihre Position zur Frage der Menschenrechte in der Islamischen Republik überprüfen müssten.

Am schärfsten hat die gewählte Präsidentin des NWRI, Maryam Rajavi, die jetzige westliche Politik in Frage gestellt. Sie hielt auf beiden Veranstaltungen (am Mittwoch und am Donnerstag) eine Rede zu ihrem Hauptthema. Sie nannte den Welttag gegen die Todesstrafe eine Gelegenheit zu entschiedenerem Handeln und fragte, warum europäische Behörden „nichts gegen das Meer von Blut, das im Iran fließt, tun“.

Sie fuhr fort: „Ist denn der kaltblütige Mord, den Khamenei während der Erhebung vom November 2019 an über 1500 Menschen beging, kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Ist die Tötung von Dutzenden Kindern und Jugendlichen nicht eine empörende Verletzung des Rechts des iranischen Volkes auf Leben? Und wie können Sie all dem tatenlos zusehen?“

Viele andere Teilnehmer an beiden Veranstaltungen klagten die Westmächte an, mehr als 40 Jahre lang nichts gegen die Menschenrechtsverletzungen im Iran getan zu haben. Aus der Sicht fast aller Redner zeigte sich diese Tendenz am stärksten im Sommer 1988, als „Todeskomitees“ in vielen iranischen Gefängnissen politische Gefangene in „Prozessen“, die wenige Minuten dauerten, deren Identität feststellten und jeden hinrichteten, der bei seinem Widerstand gegen das theokratische System blieb. Nach mehreren Monaten waren ungefähr 30.000 Häftlinge getötet worden, die große Mehrheit von ihnen Mitglieder der MEK.

Die europäischen Unterstützer des NWRI nutzten die Veranstaltungen dieser Woche, indem sie die Position dieser Organisation bekräftigten: die Forderung nach einer förmlichen internationalen Untersuchung dieser Menschenrechtsverletzung und anderer, für die nie ein iranischer Beamter zur Rechenschaft gezogen worden ist. „Was wir im Iran seit 1988 … gesehen haben, ist ein einziges immerwährendes Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, sagte Christoph de Vries MdB am Donnerstag und forderte dann seine Regierung und die EU dringend auf, eine neue Politik zu beginnen, die ausdrücklich klarstellte, dass weitere solche Menschenrechtsverletzungen des Iran nicht toleriert werden, gleichgültig, ob sie gegen Einzelne wie Navid Afkari oder ganze Bündnisse wie den NWRI gerichtet sind.