Thursday, March 28, 2024
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Iran: Neue Höchststände bei der nuklearen Anreicherung signalisieren die Notwendigkeit stärkeren Drucks auf das iranische Regime

Die vom Iran betriebene Nuklear-Anreicherung hat jetzt das neue Höchstmaß von 63% erreicht – so der jüngste Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde. Die bescheidene Zunahme wurde mit „Fluktuationen“ begründet; weder die Agentur der Vereinten Nationen noch das iranische Regime selbst legte eine Erklärung vor. Die nicht mitgeteilte und offenbar spontane Zunahme sollte zu weiteren Fragen nach dem Ausmaß führen, in dem die früher der iranischen Tätigkeit auferlegten Beschränkungen das „Aussetzen“ des Landes bei der Entwicklung von Atomwaffen herbeigeführt haben.

Natürlich machen solche Fragen unter Kritikern des Gemeinsamen Plans umfassenden Handelns seit dessen Unterzeichnung im Jahre 2015 die Runde. Besondere Sorge erregte u. a. die Beschränkung des Zugangs der IAEA zu verdächtigen Anlagen im Iran sowie die Übereinstimmung darüber, daß das Abkommen die Auffassung des iranischen Regimes, wonach es bis zu einem gewissen Grad zur Nuklearanreicherung berechtigt ist, anerkannt habe.

Nachdem die amerikanischen Sanktionen erneut in Kraft getreten waren, begannen die iranischen Behörden mit der Ankündigung systematischer Verstöße gegen die Grenzen, denen sie zugestimmt hatten, und dies, obwohl andere Verhandlungspartner weiterhin an dem Abkommen beteiligt blieben. Natürlich interpretierte das Regime diese Maßnahmen als Folgen der Tatsache, daß die übrigen Partner es versäumten, die Sanktionen zu kompensieren oder die USA in das Abkommen zurückzubringen. Doch die Schwere und Unverzüglichkeit dieser „Konsequenzen“ wären nicht möglich gewesen, hätte nicht das iranische Regime seine Verstöße schon längst geplant.

Ali Akbar Salehi, der Leiter Atomenergie-Organisation des Iran, räumte diese Tatsache bereits im Januar 2019 ein – nur etwa zwei Monate, nachdem die USA die Wiederverhängung ihrer Sanktionen abgeschlossen hatten. In einem damals mit staatlichen Medien geführten Interview prahlte Salehi damit, daß die Schwerwasser-anlage in Arak vollständig funktionsfähig geblieben sei, obwohl die Nuklearverhandlungen entschieden hatten, daß sein Kern deaktiviert und mit Zement ausgefüllt werden solle. Salehi erklärte, das Regime sei dieser Vorkehrung dadurch ausgewichen, daß es ein weiteres Röhrensystem errichtet habe, welches jenem, das in den Kern der Anlage hineingeführt habe, genau gleiche; außerdem habe man, nachdem man Zement durch das Ködersystem gegossen habe, für die IAEA gefälschte Photographien hergestellt.

Im November 2019 gab der Direktor der AEOI den staatlichen Medien ein weiteres Interview; darin erwähnte er weitere ähnliche Täuschungen im Gebiet der Uran-Anreicherung. „Sie sagten uns, die Anreicherung sollte in diese Richtung gehen, und wir akzeptierten es“ – so sagte Salehi mit Bezug auf die für den Westen Verhandelnden, doch dann brüstete er sich damit, daß diese Annahme nur zum Schein erfolgt sei: „Sie glaubten, sie würden die Ver-handlung gewinnen. Doch – was ich damals nicht erklären konnte – wir verfügten über eine Gegenmaßnahme, und weil wir die Sache fortsetzten, erreichten sie nicht das, was sie sich vorgenommen hatten, und wir mußten nicht in die Falle der Schließung der Anreicherung tappen.“

Als Salehi diese Täuschung der Öffentlichkeit bekanntgab, war sie verschiedenen internationalen Beobachtern schon aufgegangen – darunter einigen, die schon früher über den Wert und die Wirksamkeit des JCPOA mit sich nicht ins Reine gekommen waren. Zu den von Teheran systematisch und vorsätzlich zur Vergeltung begangenen Verstößen gegen das Abkommen gehörte die vollständige Umsetzung der Drohung, die Urananreicherung auf 20% durchzuführen – das war vor dem Beginn der Nuklear-Verhandlungen ihr Höchstmaß gewesen. Dieser Schritt erfolgte weit früher, als die Apologeten des Regimes es für möglich gehalten hatten. Die einzige vernünftige Folgerung, die man aus dieser Diskrepanz ziehen kann, besteht darin, daß die Vorkehrungen des JCPOA nicht stark genug waren, um wirklich die Zeit, in der das iranische Regime seine Anreicherung würde aussetzen müssen, zu verlängern.

Daher sollte die internationale Gemeinschaft, anstatt sich darum zu bemühen, das JCPOA, so wie es im Jahre 2015 verfaßt wurde, wiederherzustellen, erkennen, daß der Fortschritt des Iran zur Entwicklung einer Atomwaffe nur dann zum Halten gebracht werden kann, wenn das Regime entweder strengeren Forderungen, schärferen Mechanismen der Erzwingung oder beiden Maßnahmen unterworfen wird. Betrüblicherweise scheint es, daß die meisten der an den gegenwärtigen Verhandlungen in Wien Teilnehmenden nicht gewillt sind, auf der Basis solchen Verständnisses zu verfahren, vermutlich deshalb nicht, weil sie verstehen, daß sie mit der Drohung verbunden wäre, diese Verhandlungen nicht etwa nur komplizierter zu machen, sondern sie zum Entgleisen zu bringen.

Das Regime hat ausdrücklich erklärt, daß es in die Vorkehrungen des Abkommens nicht zurückkehren werde; es ging sogar so weit, zu sagen, es werde sich mit den existierenden Bestimmungen nicht einverstanden erklären, solange die USA nicht die Milderung der Sanktionen wiederherstelle, die von der früheren Regierung der USA aufgegeben wurde. Es wäre für die westlichen Verhandlungspartner verheerend, zu dem Schluß zu kommen, die einzige Lösung bestehe darin, daß man dem vom Iran gestellten Ultimatum entspreche und zu einem Status quo zurückkehre, der es ihm ermöglichen würde, seine früheren nuklearen Fortschritte nicht nur wiederherzustellen, sondern zu übertreffen, sobald das Regime entscheiden werde, eben das liege in seinem Interesse.

Wenn das Regime schon, als das Abkommen noch vollkommen gültig war und die USA sich daraus noch nicht zurückgezogen hatten, getäuscht hat, welche Gründe gäbe es dann für die Annahme, es werde sich bei der zweiten Runde als willfähriger erweisen? Es steht fest: Wenn die Sanktionen wieder aufgehoben würden, ohne daß Teheran irgendeine Gegenleistung anböte, so würde das Regime nur dazu ermutigt werden, die Restriktionen noch umfassender zu verspotten und sich in die Lage zu versetzen, das Niveau der Anreicherung bis zu dem für den Bau von Atomwaffen notwendigen Maß zu steigern – und dies mit den Mitteln, die es durch die Milderung der Sanktionen gewinnen würde.