Tuesday, March 19, 2024
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Neue EU-Sanktionen gegen den Iran müssen zu einer umfassenderen Abrechnung der Menschenrechte führen

Am vergangenen Montag verhängte die Europäische Union Sanktionen über acht Mitarbeiter des geheimdienstlichen Apparates des iranischen Regimes – darunter den Kommandeur des Corps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC). In den Erläuterungen dieser Sanktionen heißt es: Hossein Salami „ist für ernsthafte Menschen-rechtsverletzungen verantwortlich“ – und dies mit Rücksicht auf seine Teilnahme an den Sitzungen, die im November 2019 zu dem Einsatz tödlicher Gewalttätigkeit gegen den Protest führte, der das ganze Land überzog.

Frau Maryam Rajavi, die gewählte Präsidentin des Nationalen Widerstandsrates des Iran, begrüßte die Entscheidung der Europäischen Union. Sie „wies erneut auf die Notwendigkeit hin, das gesamte IRGC und das Geheimdienstministerium zu ächten, ihre Agenten und Söldner auszuweisen und die den Söldnern in Europa zuerkannte Staatsbürgerschaft und den Status von Flüchtlingen zu widerrufen. Angesichts der Erfahrungen von 40 Jahren sind diese Agenten, so sagte Frau Rajavi, keine politischen Flüchtlinge oder normale Bürger, sondern Agenten und Spione der terroristischen Quds-Truppe und des Geheimdienstministeriums des religiösen Regimes.“

Die Härte, mit der der Aufstand von November 2019 niedergeschlagen wurde, war von Anfang an offenkundig. Noch bevor die Demonstra-tionen vollständig unterdrückt worden waren, berichtete Amnesty International, daß das IRGC auf friedliche, engagierte Bürger das Feuer eröffnet und Schüsse mit Tötungsabsicht abgegeben hatte. Wochen später berichtete der Nationale Widerstandsrat des Iran (NWRI), daß diese Schüsse zu einem Todeszoll von mehr als 1500 Menschen geführt hatten – einer Zahl, die später von Reuters bestätigt wurde – aufgrund von drei Quellen des Innenministeriums des Regimes.

Teheran hat vor der Öffentlichkeit ohne Erfolg versucht, diese Berichte zu entkräften. Unlängst versuchte der für die Sicherheit zuständige stellvertretende Innenminister, ein Narrativ wieder zu beleben, das die fatalen Zusammenstöße zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften zugab, dabei jedoch den Todeszoll mit einer Zahl unter 250 angab und zugleich die Verantwortung auch nur für einen Teil davon leugnete. Doch dies Narrativ tauchte erst nach mehr als sechs Monaten auf, nachdem diese Morde stattgefunden hatten; das Regime erklärte nicht, warum es so lange gedauert hatte, eine so kleine Zahl von Todesfällen zu ermessen. Die neuen Sanktionen beweisen, daß die Europäische Union nicht gewillt ist, die auf die Menschenrechte bezogenen Narrative des Regimes ernst zu nehmen. Obwohl diese Sanktionen sehr wichtig sind, sollte die Europäische Union den Höchsten Führer des Regimes, Ali Khamenei und Präsident Hassan Rouhani als die höchsten Funktionäre, die im November 2019 an der Unterdrückung des iranischen Volkes beteiligt waren, aufs Korn nehmen.

Demonstrationen im Iran: Der Aufstand im November 2019 überzog das ganze Land

Die Europäische Union ist wohl zu dem Schluß gekommen, daß eine Milderung der auf die nukleare Problematik bezogenen Sanktionen politisch untunlich ist, solange Teheran in bezug auf die Menschenrechte Straflosigkeit genießt. Angenommen, die Leiter der Europäischen Union setzen ihre Bemühungen fort, die Wiederkehr vom Regime begangener Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern. In diesem Fall hätte Teheran nur die Wahl, entweder die Verstöße aufzugeben oder mit potentiell verheerenden Folgen für seine politische und wirtschaftliche Zukunft zu rechnen.

Und diese Konsequenzen erscheinen noch darum um so ernster, weil frühere Maßnahmen zur Unterdrückung des Dissensus Zeichen von Unwirksamkeit an sich trugen. Die Entscheidung des Regimes im November 2019, hunderte von Demonstranten zu ermorden, war ohne Zweifel eine Reaktion auf die Tatsache, daß dieser Aufstand der zweite in weniger als zwei Jahren war. Die Protestbewegung, die vorher, im Januar 2018, das ganze Land überzogen hatte, war nicht dermaßen schlagartig niedergeschlagen worden; doch auch damals wurden Dutzende von Teilnehmern erschossen und einige während der Haft fatal gefoltert.

Auch vor dem Ausbruch des zweiten Aufstandes wurden zahllose kleinere Demonstrationen registriert; sie gebrauchten in zahllosen Ortschaften dieselben Slogans und forderten den Regimewandel. Viele von ihnen ereigneten sich unmittelbar nach dem erfolglosen Versuch Teherans, die organisierte Widerstandsbewegung im Herzen Europas durch einen Terroranschlag zu zerschlagen. Dieser Anschlag wurde im Sommer 2018 vereitelt.

Als jene, die diesen Anschlag hätten ausführen sollen, im November vor Gericht gestellt wurden, machten die Ankläger klar, daß sie auf Befehl hochgestellter Persönlichkeiten der Leitung des Regimes gehandelt hatten. Dasselbe gilt mit annähernder Sicherheit für jene, die im Jahre 2019 auf die Massen der Demonstranten schossen. Ebenso wie es wichtig ist, daß der Spitzenkommandeur des IRGC und der Mastermind des Terror-Anschlages, Assadollah Assadi, mit Sanktionen belegt wird und seine 20jährige Haftstrafe verbüßt, darf die Europäische Union die Tatsache nicht aus dem Auge verlieren, daß diese Maßnahmen nur ein Teil der Lösung des Problems sind – des vom Regime im Ausland verübten Terrorismus und der von ihm im Inland begangenen Menschenrechtsverletzungen – beide gehen Hand in Hand.

Der Prozeß gegen Assadollah, den Terror-Diplomaten des Regimes, in Belgien zeigte, daß die im eigenen Lande vom Regime verübten Menschenrechtsverletzungen die Kehrseite seines im Ausland betriebenen Terrorismus sind.

Die Europäische Union sollte auf das Regime Druck ausüben, indem sie Sanktionen verhängt, die auch auf seine höheren Ränge zielen, ebenso durch Ermittlungen, die für Leute wie Khamenei, Rouhani, den Außenminister des Regimes Javad Zarif, den gesamten Terrorapparat des IRGC und den Leiter der Justiz des Regimes Ebrahim Raisi, der in dem Massaker an 30 000 politischen Gefangenen im Jahre 1988 eine führende Rolle gespielt hatte, zu strafrechtlichen Verfahren führen.

Die Länder der Europäischen Union sollten diese Maßnahmen ergreifen, um das Regime an weiterer Verbreitung des Terrorismus im Ausland und weiteren Menschenrechtsverletzungen im Inlande zu hindern. Sie sollten alle Verhandlungen, besonders die Nuklearverhandlungen, mit dem Iran davon abhängig machen, daß die Menschenrechtsverletzungen und der Export des Terrorismus umgehend beendet werden.