Friday, March 29, 2024
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Claudia Roth gehört in die “Hall of Shame”

 

“High five” mit einer Dikatur: Auf der Münchner Sicherheitskonferenz klatschte Claudia Roth mit dem iranischen Botschafter ab. Nicht zu sehen: An der Hand des Botschafters klebt viel Blut.
Von Henryk M. Broder – Die Welt

Ein seltsames Land, diese Neue Berliner Republik. Liberal und tolerant bis an den Rand der Selbstverleugnung, erstaunlich gut organisiert, bevölkert von fleißigen Menschen, die gerne Steuern zahlen und allen Ernstes über ein bedingungsloses Grundeinkommen (Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Bedingungsloses_Grundeinkommen) für alle Bürgerinnen und Bürger diskutieren. Einem Arbeitslosen im Jahre 2013 geht es materiell besser als einem Facharbeiter vor 30 Jahren. Die Starken stehen den Schwachen bei. Drei Bundesländer teilen ihre Überschüsse mit den übrigen dreizehn (Link: http://www.welt.de/113394516) , die weniger gut wirtschaften. In Discount-Geschäften bekommt man Produkte, die zu der Zeit, als Willy Brandt noch Kanzler war, nur in exklusiven Feinkostläden besichtigt werden konnten. Immer weniger Menschen nehmen an Gottesdiensten teil, aber immer mehr glauben an die Klimakatastrophe. Der Himmel über dem Ruhrgebiet ist blau, im Osten blühen die Landschaften; Wohlstand wohin man schaut. 

Die Benzinpreise steigen, die Zahl der schweren SUVs auch. Wer sich keinen Urlaub an der Ostsee leisten kann, der fährt in die Karibik. Die beliebteste Sportart unter Jugendlichen ist Kampftrinken und Komasaufen. Im Jahre 2010 mussten bundesweit 26.000 Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis zwanzig Jahren volltrunken in eine Klinik eingeliefert werden. Dennoch steht “Kinderarmut” ganz oben auf der Liste der Missstände, die in den Talkshows verhandelt werden.

Keine Moral und keine Logik

Am seltsamsten aber ist die Skandalökonomie des Landes. Die flapsige Bemerkung eines älteren Herren an eine junge Journalistin löst eine wochenlange Diskussion über “Sexismus” (Link: http://www.welt.de/113317628) aus, derweil Frauenrechtlerinnen das Recht von Migrantinnen verteidigen, Kopftuch, Hijab und Burka tragen zu dürfen, so lange das “freiwillig” passiert.

Eine Ministerin, die sich in ihrem Amt bewährt hat, wird zum Rücktritt genötigt, nachdem ihr der Doktortitel aberkannt wurde, den sie vor über 30 Jahren gemacht hat, was so absurd ist, als würde der TÜV heute die Zulassungen für den VW Käfer, Baujahr 1980, widerrufen.

Auf jedem Postamt wird man angehalten, auf Abstand und “Diskretion” zu achten, aber der Staat kauft gestohlene Datensätze an, die ihm von Hehlern angeboten werden. Doppelmoral? Nein, überhaupt keine Moral, keine Logik und keine Spur von einem gesellschaftlichen Bewusstsein, das in der Lage wäre, zwischen richtig und falsch, wichtig und unwichtig zu unterscheiden.

An der Hand des Botschafters klebt But

Nachdem Claudia Roth von der grünen Basis die Nominierung zur Spitzenkandidatin für die kommende Bundestagswahl verweigert (Link: http://www.welt.de/110882392) wurde, war das eine Woche lang der Aufreger in den Nachrichten und Thema zahlloser Kommentare: “Was soll aus Claudia werden?” Frau Roth verschwand für 48 Stunden in der inneren Emigration, und als sie aus derselben wieder auftauchte, verkündete sie, das Wohl der Partei wäre ihr wichtiger als ihr eigenes Wohlergehen – und deswegen werde sie wieder für den Parteivorsitz kandidieren. Mit ihrer – sehr voraussehbaren – Wahl zur Vorsitzenden war auch die “Trauerzeit” vorbei. Die Republik atmete auf.

Nun wurde die grüne Chefin am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz dabei erwischt, wie sie fröhlich lachend auf den Berliner Botschafter der Islamischen Republik Iran Ali Reza Sheikh Attar (Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Ali_Reza_Sheikh_Attar) zugeht und ihn mit “High five” abklatscht (Link: http://www.welt.de/113451219) . Patsch! Das Video ist unmissverständlich: man kennt sich, man mag sich, man neckt sich.

Was man nicht sehen kann: An der Hand des Botschafters klebt viel Blut. Er ist ein enger Vertrauter des iranischen Präsidenten und war u.a. von 1980-1985, also noch unter Khomeini, Gouverneur der iranischen Provinzen Kurdistan und West-Aserbaidschan und für Hunderte von Todesurteilen gegen kurdische Oppositionelle verantwortlich. Das müsste die ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte eigentlich wissen.

Merkwürdige Sichtweise

Thomas von der Osten-Sacken, Geschäftsführer der Frankfurter NGO “Wadi e.V.” (Link: http://www.wadi-online.de/) , die im kurdischen Teil des Irak kulturelle und soziale Projekte fördert, schreibt über das Zusammentreffen der beiden Grünen (Link: http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/die_widerstaendige_kollaborateurin/) : “Claudia Roths kumpelhaftes High-Five mit dem Massenmörder Ali Reza Sheikh-Attar lässt jedoch auf eine Vertrautheit und Intimität zwischen der Grünen-Chefin und dem iranischen Botschafter schließen, die überrascht: Nicht, dass Roth ihre Sympathien für das Mullahregime nicht hinlänglich unter Beweis gestellt hätte. Dass sie jedoch vor laufenden Kameras mit einem Massenmörder und in jeder Hinsicht würdigem Repräsentanten der Barbarei im Iran jovial herumalbert, dürfte nicht nur in der deutschen Iranpolitik, sondern selbst bei den Grünen einzigartig sein…”

Claudia Roth legte die Situation natürlich ganz anders aus – wie eine Jungfrau, die, versehentlich und ohne etwas dafür zu können, zu einem Kind gekommen ist.

“Die Bilder”, lässt sie auf Facebook mitteilen (Link: https://www.facebook.com/Roth) , würden “nur einen kleinen Ausschnitt der wirklichen Geschehnisse” zeigen. In einem erbärmlichen Deutsch wird mitgeteilt, wie man “die Bilder” verstehen müsse, nämlich so: “Claudia kennt den Botschafter Irans Ali Reza Sheikh Attar aus der parlamentarischen Arbeit, wenn der Botschafter iranische Parlamentarier in Berlin begleitet hat. Darüber hinaus hat sie im Rahmen ihres langjährigen Einsatzes für die iranische Oppositionsbewegung an ihn immer wieder Appelle zum fairen Umgang mit iranischen Oppositionellen gerichtet.”

Inkohärent und schamlos

So etwas schafft Vertrauen. Hier der Vertreter einer klerikalen Diktatur, in der Homosexuelle mit Hilfe von mobilen Baukränen (eines deutschen Herstellers) vom Leben zum Tode stranguliert und Ehebrecherinnen gesteinigt werden, da die engagierte Bürgerrechtlerin, die an den Repräsentanten eben dieses Regimes “immer wieder Appelle zum fairen Umgang mit Oppositionellen” richtet. Mit überwältigendem Erfolg, wie man inzwischen weiß und wie jeder Bericht von amnesty international aufs Neue bestätigt.

Und es geht weiter: “Der Botschafter der Islamischen Republik Iran gibt einer Frau grundsätzlich nie die Hand, er hat auch Claudia noch nie die Hand geschüttelt. In dieser Situation hat er offenbar den Versuch eines höflichen Entgegenkommens gemacht, ohne Claudia wirklich die Hand geben zu müssen. Völlig überrascht von dieser unerwarteten Geste hat Claudia sie mit einem kurzen Berühren der Hand des Botschafters erwidert. Ihre höfliche Reaktion war der Tatsache geschuldet, dass sie den iranischen Außenminister und den iranischen Botschafter am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz in einem Gespräch dazu bewegen wollte, den bekannten iranischen Filmemacher Jafar Panahi (Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Jafar_Panahi) zur Berlinale ausreisen zu lassen.”

Man sollte dieses Statement in einem atombombensicheren Bunker für alle Zeiten aufheben, zeigt es doch, wie weit die Grünen in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, wo Schamlosigkeit zur Grundausstattung des politischen Personals gehört. Was Claudia Roths Team hier zum Besten gibt, ist – höflich gesagt – inkohärent. Entweder war sie von der “unerwarteten Geste” des Botschafters “völlig überrascht” und hat instinktiv reagiert, wie eine Person, die den Arm hebt, wenn man ihr etwas zuwirft, oder ihre “höfliche Reaktion” war “der Tatsache geschuldet”, dass sie… siehe oben. Entweder oder. Beides zusammen geht nicht.

In diktatorischer Tradition

Und da ist noch was. Jeder Diktator leistet sich mal eine humanitäre Schwäche, um das eigene Gewissen zu beruhigen oder sein Image aufzubessern. Hitler hat seine schützende Hand über einen jüdischen Arzt gehalten, der seine Mutter behandelt hat. Objektiv betrachtet, könnte man sagen, der Führer habe einem Juden das Leben gerettet. Damit wäre er nach 1945 vermutlich als “Regimegegner” eingestuft worden.

Stalin hat auf eine Intervention des Schriftstellers Lion Feuchtwanger den Schauspieler Alexander Granach, der in die Sowjetunion geflohen war und wegen “Spionage” festgenommen wurde, ausreisen lassen; Christa Wolf hat sich mit ihrem Einfluss auf Honecker gerühmt; ein Anruf von ihr, und der SED-Chef habe von Maßnahmen gegen kritische Schriftsteller abgesehen.

Claudia Roth setzt diese Traditionslinie fort, sie appelliert an die Regierung in Teheran, Oppositionelle “fair” zu behandeln. Freilich: Unter den gegebenen Umständen, das heißt angesichts der Verbrechen des Mullah-Regimes am eigenen Volk, ist die Frage, ob einem Filmemacher die Reise zur Berlinale erlaubt wird, vollkommen irrelevant, nicht einmal von symbolischer Bedeutung. Auch an den Olympischen Spielen 1936 in Berlin durften einige jüdische Sportler teilnehmen. Wenn das Ausland zuschaute, konnten sogar die Nazis über den eigenen Schatten springen.

Dummheit, Ignoranz oder Kalkül

Zu den Seltsamkeiten der Neuen Berliner Republik gehört auch, dass “die Guten” sich fast alles erlauben dürfen, was man “den Bösen” übel nehmen würde. Früher hat das gesunde Volksempfinden entschieden, was ein Skandal ist, heute ist es die Parteizugehörigkeit. “Die Claudia” ist eine Gute. Sie hat den Rapper Bushido als “Antisemiten” bezeichnet, weil er auf seiner Homepage eine Landkarte von “Palästina” zeigte, auf der Israel nicht vorkam. Das fand sie skandalös.

Aber sie findet nichts dabei, mit dem Vertreter eines Staates Patschi-Patschi zu machen, dessen Präsident Israel immer wieder als ein “Krebsgeschwür” bezeichnet, (Link: http://www.welt.de/13373683) das aus der Region entfernt werden muss. Bei Bushido geht sie kein Risiko ein. Sich mit dem iranischen Botschafter anzulegen, könnte ein wenig teurer werden.

Dummheit, Ignoranz, Kalkül oder Opportunismus – Claudia Roth hat sich ihren Platz in der Hall of Shame der Politik redlich erarbeitet.